entwurf_24APR2008
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Wracktauchen in der Irischen See

Bereits 1998 wurde von der Tauch- und Reisewelt Mönchengladbach ein Wettbewerb um die Teilnahme an einer Wracktauchexpedition ausgeschrieben. Ziel dieser Expedition sollte es sein, das 1917 von einem deutschen U-Boot mittels Torpedo versenkte Wrack der „Minnehaha“ zu betauchen. Die Minnehaha wurde von Harland and Wolff in Belfast gebaut und gehörte der Baureihe an, die unmittelbar vor der Reihe Titanic, Olympic und Britannic gebaut wurde. Die Dimensionen dieses Schiffs waren zwar nicht ganz so gigantisch, wie die ihrer Nachfolger, jedoch 184m Länge sind auch nicht schlecht! Weitere Eckdaten zum Ziel der Expedition: Tauchtiefe ca. 85m, Lage des Wrack ca. 9 Seemeilen südlich von Fastnet Rock in der Irischen See, bisher erst einmal betaucht.

Auf die Ausschreibung zur Teilnahme an der Expedition meldeten sich ca. 800 Taucher aus ganz Europa. Zur Endausscheidung in Mönchengladbach wurden 50 dieser Bewerber eingeladen. Kriterien nach denen bewertet wurden, waren, bisherige Taucherfahrung, theoretisches Wissen zum Thema Wracktauchen und Mischgastauchen, sowie praktische Übungen beim Gaswechsel und eine Druckkammerfahrt auf 50m Tiefe mit einem schriftlichen Test bei entsprechender Stickstoffnarkose.

Nach der Ausscheidung blieb ein 7-köpfiges Team über, dessen Zusammensetzung sich noch 2-mal ändern sollte. Das endgültige Team bestand aus Guido Floren, Thomas Spiegel, Finn Thode, Hardwig Feuerstein, Rainer Sieberns, alle aus Deutschland, sowie Christian Gritsch, und mir aus Tirol. Weiters waren bei der Reise nach Irland dabei Thomas und Horst Dederichs von der Tauch- und Reisewelt, Max Hahn als Spezialist für die Dekompressionsberechnungen, Kurt Amsler als Fotograf ein Team vom Westdeutschen Rundfunk, ein Reporter von Fit for Fun und als persönliche Betreuerin von Guido war Christiane Zielke mit ;-))

Die Vorbereitungen und Trainingstauchgänge wurden im Laufe eines Jahres durchgeführt und führten das Team vom Bodensee, Walchensee und Achensee auch nach Kroatien, um Tauchgänge und Teamprozeduren abzustimmen und üben.

Im Mai 1999 war es dann soweit und man traf sich gemeinsam in Mönchengladbach und trat die Reise nach Irland an. Mit Kleinbus und Doppelachsanhänger für ca. 2,5 Tonnen Ausrüstung fuhren wir via Holland, Frankreich, Fähre nach Grossbritannien und quer durch GB zur Fähre nach Irland. Die benötigten Gase waren von Messer bereits vorab per Spedition nach Irland geliefert worden.

In Irland begannen wir uns auf die Tauchbedingungen mit einigen Set Up Tauchgängen einzustimmen und steigerten schrittweise die Tauchtiefe. Leider machte uns das Wetter des Öfteren einen Strich durch die Rechnung. So mussten wir uns teilweise mit 3 – 4m Wellen herumschlagen oder Tauchen war völlig unmöglich, da die See zu rau war. Obwohl die beiden gecharterten Boote für die Hochseefischerei ausgelegt waren und keinerlei Probleme mit dem Seegang gehabt hätten, so waren es wir Taucher, die bei diesen Bedingungen nicht mit ca. 100kg an Ausrüstung vom Boot ins Wasser und nach dem Tauchgang wieder ins Boot kommen konnten. Zudem wäre das Risiko einen abgetriebenen Taucher in den Wellen aus den Augen zu verlieren zu groß gewesen.

Als wir endlich den ersten Tauchgang am Wrack der Minnehaha durchführen wollten, passierte es zudem noch, dass das Seil der Shotline beim Abspulen nach dem Werfen des Grundgewichtes riss! Ein wohl schlechtes Omen. Auf Grund des Gezeitenfensters von nur ca. 20 Minuten für die Grundzeit am Wrack konnten wir nicht rechtzeitig eine Ersatzleine klarmachen. Später wäre die Gezeitenströmung zu stark für einen Sicheren Tauchgang geworden. Mit gemischten Gefühlen traten wir den Rückweg in den Hafen an. Für den nächsten Tag war noch dazu schlechtes Wetter angesagt und Tauchen mehr als fraglich, zudem neigte sich die zur Verfügung stehende Zeit in Irland dem Ende zu. Am nächsten Morgen entschieden sich Thomas und Horst dafür einen Bounce – Dive zum Wrack zu machen, um wenigstens das Ziel der Expedition zu erreichen, sollten die Bedingungen nicht besser werden. Trotz widrigster Bedingungen konnten sie das Oberdeck des Wrack erreichen.

Als wäre damit ein Bann gebrochen, präsentierte sich in den verbleibenden 3 Tagen das Wetter von seiner angenehmen Seite! An den 3 Tauchtagen konnen die Tauchteams Guido und Thomas S. mit Max, Finn und Rainer sowie Christian und ich Tauchgänge mit 2-mal 15 Minuten Grundzeit und zum Abschluss mit 20 Minuten Grundzeit durchführen.

Die Shotline war von Collin dem Kapitän unseres Bootes und Eigentümer des Wracks genau im Bugbereich gesetzt worden. Dort war auch der Torpedotreffer, der zum Untergang der Minnehaha geführt hatte. Demzufolge war dort auch ein fürchterliches Chaos und es war auf Grund der eingeschränkten Sichtbedingungen sich einfach sich zu orientieren und einen Überblick zu bekommen. Zudem hatten sich mehrere Fischernetze am Wrack verfangen und so war höchste Vorsicht geboten. Christian und mir gelang es bereits bei diesem Tauchgang einige Soda-Flaschen mittels Hebesack an die Oberfläche zu schicken. Der Aufstieg an der Shotline und später am Deko–Rigg verlief problemlos. Die Strömung begann zwar schon bei den Stopps in ca. 30m Tiefe unangenehm zu werden, jedoch als das Deko-Rigg von der Shotline gelöst wurde und mit der Strömung mittreiben konnte war der Rest der Deko fast gemütlich.
br>Am darauf folgenden Tag entschlossen wir uns das Wrack in Richtung Brücke zu erkunden und zu filmen. Guido übernahm den Job des Kameramannes und es gelang auch einige Aufnahmen in den Kasten zu bekommen. Leider konnten wir nicht bis zu den Aufbauten gelangen, da die Grundzeit mit 15 Minuten und zusätzlich 5 Minuten für eventuelle Probleme doch recht kurz bemessen war. Die zusätzlichen 5 Minuten hätten wir auch beinahe benötigt, da sich Max in einem der Fischernetze mit einer seiner Flossen verfangen hat, sich jedoch selbst wieder befeien konnte.

Der dritte Tauchtag am Wrack sollte auch unser letzter sein, da wir unsere Heimreise antreten mussten. Wie bestellt präsentierte sich die See glatt wie ein Babypo, das Wasser wie Öl. Als Tauchteams waren Guido und Thomas sowie Christian und ich am Wrack. Guido und Thomas S. konnten ein Stück Rohrverkleidung bergen, das einen Eindruck der Luxusklasse des Schiffes vermittelt. Ich war fest entschlossen auch ein Stück zu bergen und fand ein Absperrventil das wohl durch die Detonation des Torpedos losgesprengt wurde. Nachdem unsere Grundzeit abzulaufen drohte signalisierte ich Christian den Rückweg zur Shotline anzutreten. Hinter seiner Tauchmaske konnte ich deutlich die Enttäuschung sehen, dass er noch kein Bergestück gefunden hatte. Missmutig blickte er sich nach etwas bergewürdigem um, aber es war nichts zu sehen. Als wir unmittelbar vor der Shotline unser Reel aufrollten kamen wir unvermittelt übe r ein Bullauge, das zu allem Glück auch noch aus dem Schiffsrumpf gesprengt war! Christian verlor keine Zeit und begann sofort seinen Bergesack klarzumachen. Leider War das Bullauge zu groß für den Bergesack, zudem hatten wir schon eine Grundzeit von 15 Minuten überschritten. Christian ließ den Bergesack mit der Strömung davon treiben und hängte den Hebesack direkt um den Rahmen des Bullauges. Der Hebesack wurde gefüllt und der Rahmen des Bullauges begann sich zu heben. Das Glas selbst blieb vorerst noch liegen. Inzwischen näherten wir uns unserer maximalen Grundzeit, aber ich traute mich keinen Moment Christian bei seiner Arbeit zu unterbrechen und ihn darauf hinzuweisen. Erst als der 50 Liter Hebesack vollständig gefüllt war begann sich das Gespann Richtung Oberfläche zu bewegen. Wir machten uns sofort zur Shotline auf und begannen nach exakt 20 Minuten Grundzeit unseren Aufstieg.

Die Deko war fast unendlich lang, denn keiner von uns wusste, ob der Hebesack auch gut an der Oberfläche angekommen war und ob die Bootsmannschaft auch das Bergegut bemerkt hatte und unfallfrei ins Boot bekam.

Als wir nach 2,5 Stunden Tauchzeit endlich an Bord kamen waren alle Stücke sicher geborgen und Collin konnte uns bestätigen, dass es sich beim Bullauge um eines der nachträglich eingebauten größeren Modelle von Harland and Wolff handelte. Diese waren ursprünglich nur für den Einsatz an der Baureihe der Titanic, Olympic und Britannic vorgesehen, als die Minnehaha jedoch nach einer Havarie ins Dock musste, wurden auch bei ihr diese Bullaugen eingebaut. Somit hat Christian jetzt ein „Titanic-Bullauge“ bei sich zu Hause. In Sammlerkreisen hätten diese einen Wert von ca. 20.000 britischen Pfund verriet uns Collin.

So konnten wir trotz anfänglicher Schwierigkeiten die Expedition ohne Unfall und mit großem Erfolg abschließen.